Vier Wochen lang, von 1. Juni bis 1. Juli 2021, ermöglicht das WIA Festival über 30 Veranstaltungen an vielen verschiedenen Orten in Berlin, darunter Ausstellungen, Filmreihen, Führungen, Symposien, Vorträge, Workshops. Das Festival zu Frauen in der Architektur wird durch das Netzwerk n-ails e.V. und die Architektenkammer Berlin realisiert und bietet eine umfangreiche Auseinandersetzung mit den Werken von Frauen in einen der aufregendsten Städte für Planung und Bauen.
Das Festival, das von 1. Juni bis 1. Juli 2020 unter dem Motto “Baustelle Gleichstellung | Equality Under Construction” erstmalig stattfinden sollte, wurde aufgrund der Covid-19-Pandemie um ein Jahr verschoben. Ein vorfreudiger Ausblick lohnt sich dennoch.
Das ehrgeizige Berliner Pilotprojekt wurde durch das Netzwerk n-ails e.V. und die Architektenkammer Berlin ins Leben gerufen. Gemeinsam mit über 20 Institutionen – von Werkbund, über TU Berlin bis zum Bundesdenkmalamt – sollten vier Wochen lang über 30 Veranstaltungen an verschiedenen Orten stattfinden: Ausstellungen, Filmreihen, Führungen, Symposien, Vorträge, Workshops und vielem mehr. Dabei wolle das Festival Raum für die Auseinandersetzung mit Werken von Frauen und dem längst überfälligen Umbau des Berufsbildes bieten.
Der Berufsalltag der Frauen
Auch wenn die Publikation des offiziellen Programms noch aussteht, so lässt sich durch die Statements der Festivalpartner, die aus den Bereichen Architektur, Landschafts- und Innenarchitektur, der Stadt-, Regional- und Landesplanung kommen, bereits die thematische Fülle erahnen.
Aedes Architecture Forum fragt, wieviel sich in der langen Geschichte der Architektur für die weiblichen Protagonistinnen zwischenzeitlich tatsächlich zum Positiven verändert hat. Inken Bühring, Architektin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, warnt sogar vor dem falschen Gefühl der Gleichberechtigung, das viele junge Fachfrauen hätten, und dem damit einhergehenden Stillstand.
Die Architektenkammer Berlin etwa wundert sich, wie in Deutschland von einem 50:50 Verhältnis im Studium ein Anteil nur noch eines Drittels weiblicher Kammer-Mitglieder übrigbleiben kann und möchte einen offenen Diskurs anregen, um den Antworten nachzuspüren. Dabei sollen Hindernisse – auch jene, die aus gesellschaftlichen Berufs- und Rollenbildern erwachsen – entschlüsselt und beseitigt werden.
Der Bund Deutscher Architekten Berlin Brandenburg weist darauf hin, dass Architektinnen auch im Jahr 2020 noch deutlich weniger Raum in der öffentlichen Wahrnehmung einnehmen und fordert dazu auf, ihr Schaffen selbstbewusst zur Schau zu stellen. Dies setzen Festivalpartnerinnen wie AfA – Aktiv für Architektur oder der Werkbund auch prompt um, indem sie, abseits umfangreicher Werkschauen, die Protagonistinnen des Architekturalltags der Vergangenheit und der Gegenwart sichtbar machen wollen.
Gleichzeitig kritisiert der Werkbund, dass Frauen bis heute zumeist in Sammelausstellungen repräsentiert werden. Bedenkt man, dass die großen Stars der Architektur nach wie vor zumeist männlich sind, ist dies jedoch wenig überraschend. Damit sich das ändert, muss das Licht wiederholt und in aller Deutlichkeit auf die Fülle und Qualität der weiblichen Beiträge gerichtet werden. Ein eigenes Festival ist ein ambitionierter, selbstbewusster Akt. Wir sagen: Zu Recht!
Weiterführendes:
Das Festival, welches vom 1. bis 8. März zum zweiten Mal in Wien stattfand, realisierte zusammen mit fünfzig unterschiedlichen Programmpartnern über siebzig Kulturveranstaltungen.
Das RRRIOT Festival fand 2019 zum zweiten Mal in Wien statt | © Kathrin Hanga
Das RRRIOT ist eine kollaborative, feministische Plattform, das als Festival im Jahr 2019 zum ersten Mal in Wien stattfand. Dabei wurden von Lesungen über Stadtspaziergänge, Talks über Screenings bis zu Workshops und Partys den Besucher*innen ein vielfältiges Programm geboten. Der Erfolg der Veranstaltung führte zu einer Fortsetzung des Events. Aufgrund der Corona-Krise wurde der diesjährige Veranstaltungstermin jedoch abgesagt.
Fokus Community
Im Sinne des Community-Gedankens, welcher auch immer den Austausch von Communities untereinander meint, besuchten Kulturschaffende Institutionen im 20. Bezirk. So trafen die toughen Roller Derby Spielerinnen und männliche Cheerleader auf die Pensionist*innen, die im “Haus Brigittenau”, einem Seniorenwohnheim der Stadt Wien, wohnten. Stefanie Sargnagel befasste sich im markanten Panoramaheim mit der 2017 verstorbenen Brigittenauerin Christine Nöstlinger. Die Medienkünstlerin Anna Vasof performte mit Studentinnen der FH Technikum. Das junge Volkstheater vermittelte beim “Marktplatz der Fähigkeiten” mit den Anrainerinnen des Hannovermarktes Expertise und Skills. – Alle diese Veranstaltungen waren kostenlos und offen für alle Besucher*innen. Der Fokus Community konnte durch eine Förderung durch SHIFT verwirklicht werden.
Frauen Bauen
Anders als der Titel zunächst vermuten lässt, geht es bei der Reihe #frauenbauen weder ausschließlich um Perspektiven und Rollenbilder von Architekt*innen und Stadtplaner*innen, noch ausschließlich um Frauen. Darüber hinaus wurde in Diskursformaten, Walks und Workshops unter anderem auch gendergerechte Stadtplanung thematisiert, den Spuren jüdischer Frauen in der Brigittenau gefolgt oder auch Diskurse über Besitzverhältnisse geführt. Und für wen ist Wien nun eigentlich wirklich die lebenswerteste Stadt? Die breitgefächerten Programmpunkte boten die Möglichkeit der Erkundung eines Waschsalons im Gemeindebau, historisch betrachtet das kommunikative Zentrum desselben oder auch die Besichtigung eines von Architektur-Pionierin Margarete Schütte-Lihotzky gebauten Kindergartens. Noch um die Planung der gendergerechten Toilette der Zukunft erweitert, konnte die Reihe einen thematisch diversen Bogen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufspannen.
Das RRRIOT Festival fand 2019 zum zweiten Mal in Wien statt | © Kathrin Hanga
Weiterführendes:
Vom 16. Mai bis 15. Juni 2019 wurde die “Plattform für Streitreden” als Kooperationsprojekt der TU Wien mit der Kunst im öffentlichen Raum GmbH realisiert.
“Plattform für Streitreden” eine Initiative der TU Wien | © Laura Farmwald, Institut f. Kunst u. Gestaltung TU Wien
Im Rahmen von “100 Jahre Frauenstudium” an der TU Wien, dessen Jubiläum mit dem 100-jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts in Österreich zusammenfiel, wurde im Jahr 2019 die “Plattform für Streitreden” als Kooperationsprojekt der TU Wien mit Kunst im öffentlichen Raum GmbH realisiert. Anlässlich dessen wurde ein Programm aus Vorträgen, Reden und Performances geboten.
Veraltete Strukturen
Welches neue Denken und Handeln braucht die Gesellschaft, um verkrustete Machtstrukturen aufzubrechen und damit (wieder) neue gemeinschaftliche Werte zu etablieren? Was kann “weibliches Denken und Handeln” (unabhängig vom Geschlecht) dazu beitragen? Braucht es eine neue Form von Feminismus? Dazu wurden namhafte Persönlichkeiten verschiedener Generationen und Hintergründe eingeladen, die Plattform für Reden, (Musik-)Performances und diverse experimentelle Formate zu nutzen. Als Plattform im öffentlichen Raum sollten die Reden und Performances auch eine neue Kultur des Zuhörens erschaffen.
Performance
Einen wichtigen Programmpunkt bildeten die in regelmäßigen Abständen aufgeführten Performances der Studentinnen Simona Durovic, Chryssoula Koutsa, Nina Wohlfahrt, Yoko Rödel u. a. mit dem Titel “Vertrocknetes Rosa, Neidisches Gelb, Bleiernes Schwarz.” Ausgangspunkte des Projekts waren das Korsett als Objekt und Metapher für die Unterdrückung der Frau sowie das “Triadische Ballett” von Oskar Schlemmer (1912). Die ursprünglichen Farbzuordnungen der Figuren (festliches Weiß/Rosa, burleskes Gelb und bleiernes Schwarz) erfuhren nun im öffentlichen Raum zwischen Eingang der TU Wien und Resseldenkmal eine neue Interpretation durch Performances, welche die heutige Rolle der Frau sowie aktuelle “Korsette” der Gesellschaft hinterfragen.
Laut gedacht
Das reichhaltige Programm sowie der prominente Ort, direkt vor dem Haupteingang der TU Wien, eröffneten neue Diskussionen zum Thema Feminismus. Sowohl Studierende als auch andere Passant*innenn und touristische Besucher*innen wurden aufgrund der Position und der provokativen Inhalte dazu eingeladen einen Moment der Ruhe innerhalb eines pulsierenden Ortes einzunehmen. Für Aufmerksamkeit sorgte auch die Requisite, welche aus einer übergroßen Torte bestand. Obgleich der beschränkten Dauer, ließen sowohl der prominente Ort als auch die provokanten Inhalte die Veranstaltung zu einem weitreichenden Event von historischer Strahlkraft.
Weiterführendes:
“Plattform für Streitreden” auf der Homepage des Instituts für Kunst und Gestaltung 1 der TU Wien