Das Festival, das von 1. Juni bis 1. Juli 2020 unter dem Motto “Baustelle Gleichstellung | Equality Under Construction” erstmalig stattfinden sollte, wurde aufgrund der Covid-19-Pandemie um ein Jahr verschoben. Ein vorfreudiger Ausblick lohnt sich dennoch.
Das ehrgeizige Berliner Pilotprojekt wurde durch das Netzwerk n-ails e.V. und die Architektenkammer Berlin ins Leben gerufen. Gemeinsam mit über 20 Institutionen – von Werkbund, über TU Berlin bis zum Bundesdenkmalamt – sollten vier Wochen lang über 30 Veranstaltungen an verschiedenen Orten stattfinden: Ausstellungen, Filmreihen, Führungen, Symposien, Vorträge, Workshops und vielem mehr. Dabei wolle das Festival Raum für die Auseinandersetzung mit Werken von Frauen und dem längst überfälligen Umbau des Berufsbildes bieten.
Der Berufsalltag der Frauen
Auch wenn die Publikation des offiziellen Programms noch aussteht, so lässt sich durch die Statements der Festivalpartner, die aus den Bereichen Architektur, Landschafts- und Innenarchitektur, der Stadt-, Regional- und Landesplanung kommen, bereits die thematische Fülle erahnen.
Aedes Architecture Forum fragt, wieviel sich in der langen Geschichte der Architektur für die weiblichen Protagonistinnen zwischenzeitlich tatsächlich zum Positiven verändert hat. Inken Bühring, Architektin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, warnt sogar vor dem falschen Gefühl der Gleichberechtigung, das viele junge Fachfrauen hätten, und dem damit einhergehenden Stillstand.
Die Architektenkammer Berlin etwa wundert sich, wie in Deutschland von einem 50:50 Verhältnis im Studium ein Anteil nur noch eines Drittels weiblicher Kammer-Mitglieder übrigbleiben kann und möchte einen offenen Diskurs anregen, um den Antworten nachzuspüren. Dabei sollen Hindernisse – auch jene, die aus gesellschaftlichen Berufs- und Rollenbildern erwachsen – entschlüsselt und beseitigt werden.
Der Bund Deutscher Architekten Berlin Brandenburg weist darauf hin, dass Architektinnen auch im Jahr 2020 noch deutlich weniger Raum in der öffentlichen Wahrnehmung einnehmen und fordert dazu auf, ihr Schaffen selbstbewusst zur Schau zu stellen. Dies setzen Festivalpartnerinnen wie AfA – Aktiv für Architektur oder der Werkbund auch prompt um, indem sie, abseits umfangreicher Werkschauen, die Protagonistinnen des Architekturalltags der Vergangenheit und der Gegenwart sichtbar machen wollen.
Gleichzeitig kritisiert der Werkbund, dass Frauen bis heute zumeist in Sammelausstellungen repräsentiert werden. Bedenkt man, dass die großen Stars der Architektur nach wie vor zumeist männlich sind, ist dies jedoch wenig überraschend. Damit sich das ändert, muss das Licht wiederholt und in aller Deutlichkeit auf die Fülle und Qualität der weiblichen Beiträge gerichtet werden. Ein eigenes Festival ist ein ambitionierter, selbstbewusster Akt. Wir sagen: Zu Recht!
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