Es ist vielleicht kein Zufall, dass viele der weltweit führenden Architektinnen keine Kinder haben. Laut einer vom britischen Architects’ Journal durchgeführten Umfrage zum Thema “Frauen in der Architektur” sind mehr als 90% der Architektinnen in Großbritannien überzeugt, dass Mutterschaft ihre Karriere behindert.

Zum einen schafft die Gesellschaftspolitik einzelner Länder dabei gute oder weniger gute Rahmenbedingungen. Diese definiert, wie viele Familien die Arbeits- und Familienzeit organisieren können. In Österreich herrscht ein konservatives Wohlfahrtsstaatsmodell. Traditionelle Geschlechterrollen sind weit verbreitet, lange Mutterschutzzeiten und Teilzeitarbeit werden unterstützt, vor allem im ländlichen Raum fehlt adäquate Kinderbetreuung. Auch der geschlechterspezifische Einkommensunterschied eines Landes ist bedeutsam für die Organisation von Elternschaft. Je größer, desto eher werden traditionelle Rollen und Haupternährer gelebt. Österreich liegt mit 20% im europäischen Schlussfeld. 

Zum anderen sind die berufsspezifischen Rahmenbedingungen in der Architektur erschwerend, um erfolgreiche Selbständigkeit und anspruchsvolles Familienleben zu vereinbaren. Kleine Architekturbüros, wie die meisten von Frauen geführten, bieten zwar Flexibilität und Rahmen für berufliche Selbstverwirklichung. Vielfach ist der Preis jedoch Selbstausbeutung und eine schwierige Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen. Der in der Architektur übliche hohe Arbeitsaufwand und Zeitdruck spiegelt sich jedoch oft nicht im Einkommen. Der zumeist noch höhere Arbeitsaufwand frauengeführter Büros für mehr Erfolg und Anerkennung ist mit anderen Alltagsverpflichtungen schwer zu vereinbaren. Frauen stellen aufgrund Familie eher ihre individuellen Karrierepläne zurück. 

Die folgenden Beiträge umfassen beispielsweise spannende Interviews mit selbstständigen Architektinnen aus der Praxis, sowie ausführliche Informationen zum Thema “Architekturberuf und Familie”.

Kleine Kinder – kleine Büros, Artikel, DAB Deutsches Architektenblatt (D), 2012.Von Frauen geführte Architekturbüros verdienen weniger. Das liegt an der Art der Aufträge, an Bürogrößen und wahrscheinlich auch an den Arbeitszeiten. Sie wirtschaften zwar deutlich sparsamer; dennoch erzielt jede Inhaberin nur etwas mehr als die Hälfte des Überschusses, den männliche Büroinhaber im Durchschnitt für sich verbuchen.    

Vereinbarkeit von Architekturberuf und Familie – Strategien, Modelle und Erfahrungen, DPF Dokument, Silvia Forlati, Anne Isopp und Sabina Riß-Retschitzegger, Wien (Ö), 2015.
Beruf und Familie in Einklang zu bringen, scheint insbesondere in der Architekturbranche schwierig zu sein. 33 Fallbeispiele in Form von Interviews sowie Essays von Expert*innen zeigen Möglichkeiten für eine Kombination von Berufs- und Familienleben auf.

Vereinbarkeit Beruf und Familie für Architektinnen, Artikel, IG Architektur, Wien (Ö), 2014.
Beim einem Workshop im Rahmen der gleichnamigen Studie tauschten 15 Architektinnen ihre Erfahrungen aus. Diskutiert wurde über Schwierigkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Gemeinsam wurden fehlende Strukturen sowie funktionierende Modelle ausgelotet.

Theresa Häfele im Gespräch mit Silvia Forlati und Anne Isopp, Interview,  Wien (Ö), 2017. Ein Gespräch über die Vereinbarkeit von Architekturberuf und Familie in der Interviewreihe mit Architektinnen im Zuge von: Margarete und ihre Schwestern – Heldinnen der Architektur – Eine aktionistische Wanderausstellung auf den Vorplätzen der Architekturuniversitäten Wiens.

Ein Konflikt wird bleiben, Artikel,, Cornelia Dörries, DAB Deutsches Architektenblatt (D), 2011.
Interview mit Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH), über die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Frau liebt Bau, Artikel, GEORG GmbH & Co.KG, München (D), 2019.
In einem Gespräch mit vier Mitbegründerinnen der Initiative Frau liebt Bau. werden Aspekte, wie die Situation selbstständiger Frauen in der Bauwirtschaft sowie die Problematik der Entscheidung zwischen Beruf und Familie, thematisiert.

Women in Architecture: to be or not to be a mother, Artikel, Professional Architects Australia, Australien (AUS), 2015.
Gespräch mit drei australischen Architektinnen zu den Herausforderungen im Architekturberuf anhand ihrer persönlichen Erfahrungen.

Geschlechterveränderungen in der Architektur, Studie, Technische Universität München (D), 2018. Im Rahmen der Studie „Geschlechtergerechtigkeit in der Architektur“ wurde untersucht, wohin sich Architektinnen entwickeln und ob es einen strukturellen Drop-out gibt, der durch fachkulturell begründete Exklusionsmechanismen dazu führt, dass Frauen nicht in ihrem Beruf ankommen bzw. dort nicht in Führungspositionen gelangen.

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