Die Architektinnen

Feministische Theorie und Praktiken

struktureller Wandel

Gendermainstreaming soll geschlechter-hierarchischen Strukturen entgegenwirken. Leider bleibt diese wesentliche Gleichberechtigung im Berufsfeld der Architektur aus. Die feministische Auseinandersetzung mit diesen Missständen, ermöglicht ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen mit denen die Frau als Planerin in ihrer Berufspraxis, aber auch als Nutzerin in bestehenden, meist von Männern geplanten räumlichen Strukturen zu kämpfen hat. 

Primär werden gesellschaftliche Einflüsse sowie Entwicklungen bearbeitet und kritisch hinterfragt. 

Hindernisse, Bedürfnisse und Strategien

Frauen müssen in ihrer Berufslaufbahn mit starren und sexistischen Strukturen zurechtkommen. Die gravierenden Unterschiede des Frauenanteils in der Bildung verglichen zur Beschäftigung lässt Fragestellungen nach Stereotypen und gesellschaftlichen Voraussetzungen offen.  

Resultierend aus der männlich dominierten Praxis ist die Erscheinungsform der gebauten Umwelt. Bedürfnisse von Frauen werden in der Planung meist wenig beachtet. Jedoch sollten insbesondere Anliegen von Nutzerinnen beachtet werden, um gesellschaftlicher Unterdrückung entgegenzuwirken. 

Thematisiert werden die weibliche Raumwahrnehmung und -Schaffung im Kontext der männlich geprägten Stadt durch Kunstformen und technologische Entwicklungen.

Der Blick auf die Realität aus einer feministischen Perspektive, und die damit sichtbar gemachten Problemstellungen sollen geschlechtersensible Wahrnehmung und positive Entwicklungen im Sinne der Gleichstellung fördern.

“(…) es stellt sich die Frage, inwiefern patriarchale Strukturen in die gebaute Umwelt eingeschrieben sind und wie diese wiederum herrschende Geschlechterverhältnisse reproduzieren (…) “ – Das Leben in der feministischen Stadt, Frauen Steine Erde, 2019

Frauen im Architekturberuf: warum ihre Teilhabe wichtig ist und wodurch sie verhindert wird

Seit dem ersten Eintreten von Frauen in die Architekturprofession Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich deren Anteil, Akzeptanz, Verantwortung und Einflussnahme verbessert. Allerdings sind wir von einer gleichberechtigten Vertretung noch weit entfernt, die eine wichtige Rolle in den Entscheidungen zur Gestaltung der gebauten Umwelt spielt.

Trotz über 50% Frauenanteil unter Architekturstudiumsabsolvent*innen sind in der Architekturpraxis nur ca. 30% tätig, unter den selbständigen Architektinnen beträgt der Frauenanteil international nur ca. 20%. Damit liegt eine klare Unterrepräsentation vor.

Strukturelle Unterschiede in der Gesellschaft, wirken sich negativ auf Rechte und Möglichkeiten von Frauen aus und stehen damit dem Wandel der Rolle der Frau zur gleichberechtigten Gestalterin von Kultur- und Architekturproduktion im Weg.

Welche Theorien und Strategien dienen uns, um gesellschaftliche und strukturelle Veränderung zu bewirken und inwiefern baut das soziopolitische System eine Gesellschafts- und Bürostruktur auf, die Architekten eine ökonomische, politische, und physische Vormacht gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen erlauben?

Architektinnen, Planerinnen und Soziologinnen weisen auf Missstände im Berufsumfeld hin, und kritisieren die Geschichtsschreibung vergangener und gegenwärtiger Architektur-Kultur, sowie die Bedeutung der Frau im aktuellen Architekturdiskurs. Sie fordern eine strukturelle Neuordnung in Lehre und Praxis, um eine Gleichstellung der Frau im Architekturberuf zu etablieren.

Frauen argumentieren, dass sie sich der Definition der Frauenrolle des Architekturberufes auf zwei Arten widersetzen: durch ihre geplanten Gebäude und durch ihre Berufswahl.” – Sherry Ahrentzen, The spaces between the studs, 2003

“Der implizite Sexismus in den Praxisstandards der Architektur sollte nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass der Beruf schon immer von Männern dominiert wurde” – Lance Hosey, Hidden Lines: Gender, Race, and the Body in Graphic Standards, 2001

Beiträge

In den letzten Jahren hat das Interesse an Architektur und Design sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich beispiellos zugenommen. Anlässlich dieser Diskussion, die sich auf die Schnittstelle von Architektur und Geschlecht konzentriert, teilen vier Frauen, die auf dem Gebiet der Architektur eine herausragende Rolle spielen, ihre Ansichten zu den sozialen und politischen Auswirkungen ihrer Arbeit und zur Rolle der Frauen bei der Gestaltung der Kultur. Anne Fougeron, Toni Griffin, Susan Rodriguez und Elizabeth Sackler fordern dabei einen höheren Anteil an Frauen, welche unsere Umwelt gestalten und plädieren für Hausdesign statt Hausarbeit.

Von Männern dominierte Praxis

Frauen machen 50 Prozent der Studenten an Universitäten aus, aber die Kluft zwischen Lehre und Berufspraxis gibt dennoch Anlass zur Sorge. Architektur ist nach wie vor ein von Männern dominierter Beruf. Die Frage, welche sich durch den gesamten Vortrag zieht ist, welche Änderungen vorgenommen werden können, um diese Situation für Frauen zu verbessern.

Veränderung muss auf vielen Ebenen gleichzeitig stattfinden, Räume der Möglichkeiten müssen geschaffen und das Lehr-System sollte überdacht werden.

Katja Grillner geht in ihrem Talk auf verschiedene kritische feministische Positionen und Begriffe ein und stellt einige Projekte vor, die vorliegende Missstände in der Praxis beleuchten. Feminismus heißt, so Grillner, zu erkennen, dass es strukturelle Unterschiede in der Gesellschaft gibt, die sich negativ auf die Rechte und Möglichkeiten von Frauen auswirken und sich weiters in kritischer Haltung dafür einzusetzen, diese Hindernisse aufzubrechen.

Woher kommen diese strukturellen Missstände? Wo findet man diese Ungleichheiten? Welche Strategien können wir nutzen, um Änderungen zu erzielen?

Zwar gibt es immer wieder Erfolgsbeispiele und weibliche Pionierinnen wie Zaha Hadid, Lina Bo Bardi, Leonie Geisendorf und Eileen Grey. Die als Ikonen und Referenzen dienenden Architekturen, welche an Universitäten und in der Praxis gelehrt und verwendet werden, stammen jedoch überwiegend aus Männerhand. Traditionelle ästhetische Werte und strukturelles Korsett werden (wenn auch unbewusst) mitentworfen.

Architektur als Sozialingenieur

Die Vortragende geht auf etliche feministischen Positionen ein und untersucht beispielsweise, wie die Gesellschaft auf einer Struktur und Politik aufbaut, die Männer ökonomisch, politisch, physisch als auch sexuell vor dem anderen Geschlecht begünstigt. Was persönlich sei, sei auch politisch, so Grillner. Die Arbeit an einer Veränderung müsste dabei auf unterschiedlichsten Ebenen zeitgleich stattfinden und andere dominierende Systeme der Unterdrückung berücksichtigen. Die Architektur wirkt dabei insofern als Sozialingenieur, als sie geschlechtliche Normen und Machtverhältnisse baulich und somit real reproduziert.

Laut der Zeitung “The architects” veröffentlichten Umfrage erfahren von 700 Frauen bereits 22% sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz. Außerdem sind 47 % der Meinung, dass Männer besser bezahlt werden. Geschlechterunterschiede werden durch Stereotypen aufrechterhalten.  

Frauen wollen als Architektinnen und nicht mehr als Frau-Architekt gesehen werden.

What could help ?

Das bessere Verständnis für die heutige männlich dominierte Welt würde die weibliche Selbsthilfe bezwecken. Daher spielt das Bildungswesen in diesem Bereich eine grundlegende Rolle. 

Darüber hinaus sollte das Stereotyp eines erfolgreichen Architekten, ein reicher, weißer Mann abgeschafft werden. Vergleichsweise wurden in vielen Studienplänen anderer Berufsfelder Veränderungen, diesem Ziel folgend, bereits eingeführt. Eine Ausnahme stellt hier Architektur dar. Kurse zu den Themen Rassismus, Gender und Feminismus sind oftmals nicht Teil der Pflichtfächer. 

Der Übergang von der Ausbildung in die Arbeitswelt verdeutlicht das Ungleichgewicht der Geschlechter im Bereich der Architektur. Weniger als 20 % der Studentinnen werden selbständig. In der Lehre und in den Büros sind nur sehr wenige Frauen vertreten. Es mangelt an Sichtbarkeit was für praktizierende Frauen in diesem Bereich nicht ermutigend ist. Daher haben beispielsweise bestimmte Verbände mentoring und coaching Programme eingerichtet, um angehende junge Architektinnen in Führungsaufgaben zu schulen. Der zweite Lösungsvorschlag bezieht sich auf die Kommunikation mit Unternehmen und Kunden. Durch Bildung und Vorbereitung zukünftiger Generationen kann die bestehende Situation zum Besseren verändert werden.

Die Rolle des Feminismus

Der in den 1920/30er Jahren entwickelte Begriff des Feminismus erlangte schnell eine negative Assoziation. Heute bieten uns Frauen, die sich mit feministischen Thematiken beschäftigen, eine neue Vision: Bauen ist eine politische sowie soziale Kunst. Sie definieren sich selbst, um die soziale Hierarchie zu destabilisieren und mehr integrative und experimentelle Ansätze zu schaffen. Die Rolle des Feminismus ist es, die Idee einer möglichen Veränderung im sozio-professionellen Umfeld zu bringen.

Die Partizipation von Frauen an der Architektur

Dörhöfer berichtet von der Entwicklung von Architektinnen im 20. Jahrhundert.  Beginnend von den ersten vereinzelten Pionierinnen bis zu einem Frauenanteil von 45% unter Architekturstudierenden, deren Anteil sich in der Praxis allerdings deutlich verringert.

Der Berliner Architekturführer „Neue Architektur, Berlin 1990 – 2000“ listet 769 Projekte auf. Nur 16,4% entstanden unter Beteiligung von Architektinnen, nur 1,3% stammen von Architektinnen, die allein firmieren.

Dörhöfers Forschungsergebnisse über die Pionierinnen in der Architektur zeigen, dass die Wahrnehmung der Werke von Architektinnen nicht der Realität entsprechen. Ihr Werk ist viel umfangreicher, als es erscheint. Dabei weist sie darauf hin, dass es nicht um die Qualität oder den innovativen Wert geht, sondern es eine Frage des Interesses und der Konnotationen, die mit dem weiblichen Geschlecht verbunden werden.

„Neben den individuellen Demütigungen und beruflichen Behinderungen der Pionierinnen durch diese Zuschreibungen und Einordnungen ist das allgemeine gesellschaftliche Bild, das dadurch gezeichnet wurde, von tiefer und langfristiger Wirkung.“

Das Bild der Architektin

Bei der Wahrnehmung des Bild der Architektin, dass wir heute haben, so Dörhöfer geht es viel um seine Rezeption in der Vergangenheit, die langfristig nachwirkt.

Noch bevor Frauen zum Architekturstudium zugelassen wurden, wurde ihnen von damals renommierten Kunstkritikern abgesprochen, die Fähigkeit die Materie Architektur angemessen beherrschen zu können.

Mit ihrem Eintritt in den Architekturberuf folgten sofort geschlechterspezifische, extrinsische Zuschreibungen, die sich angeblich auf die fachliche Kompetenz auswirken würden.

Architekten wurde der Umgang mit harten Materialien zugesprochen, den abwertend als „Raumkünstlerinnen“ bezeichneten Architektinnen der mit weichen, den Männern die eckige, den Frauen die gekurvte, schmiegsame Linienführung. „So wurden Formgebung und Architektur über soziale Zuweisungen hinaus zu einem Ergebnis biologischer Konditionen der Geschlechter, zu natürlichen Gegebenheiten erklärt. Das erlaubte den Schluss, dass es zwar ehe eigene „weibliche“ Formensprachen gäbe, die aber nicht bedrohlich sei und die Geschlechtetidentität der Frauen nicht erschüttere.“ Arbeitsteilung bliebe aufrechterhalten, die Frau konnte also als nicht konkurrenzfähig am Architekturberuf teilhaben.

„Die polarisierte und hierarchisierte Zweigeschlechtlichkeit wurde gleichsam auf die Architektur übertragen. Bauliche Elemente und architektonische Gestaltungen wurden vergeschlechtlicht und hierarchisiert. Nunmehr gebunden an Baukörper und Räume aus Stein und anderen scheinbar dauerhaften Materialien- wurden sie sächlich und somit scheinbar neutral, unbeteiligt. Und doch waren ihnen diese Konnotationen eingeschrieben, sie sind es – viele Zitate architektonischer Beschreibungen verraten es- bis heute.“ 

Das Bild, das durch die Rezeption gezeichnet wurde, das eine Projektion war und auf einer verzerrten Wahrnehmung der Realität beruhte, setzte sich tiefer und dauerhafter im gesellschaftlichen Bewusstsein fest, als die wirklich realisierten Bauwerke der Pionierinnen.

Frauen haben schließlich in ihrer Architektonischen Taten die genannten traditionellen Genderaspekte in der Architektur gründlich in Frage gestellt, auch wenn der Aushandlungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

Links

Dörhöfer, Kerstin: Genderaspekte in der Architektur, Frauenvorträge an der Fernuniversität Hagen, 2009 

Rekonstruktion der Ordnungen

Wie sich der Architektenberuf allmählich von seiner traditionell männlich dominierten Herrschaft zu lösen beginnt, untersucht die Autorin Francesca Hughes in „The Architect: Reconstructing Her Practice“. Beleuchtet wird, wie die Einflussnahme von Frauen als wesentliche Entscheidungsträgerinnen in der Architektur zu einer Neuordnung und Rekonstruktion der Praxis und Planung führen kann, welche sowohl das Produzieren als auch das Konsumieren von Architektur maßgeblich durchdringen und weiterentwickeln kann.

Provokative Kritik an der Architekturkultur

In einer Sammlung autobiografischer Aufsätze, in denen die Praxis sowohl Ort als auch Medium für Veränderungen ist, reflektieren zwölf amerikanische und europäische Architekt*innen und Autor*innen die Natur der kritischen Praxis und ihre Beziehung zur Planung. Die Mitwirkenden wurden aufgrund der Bandbreite der Architekturpraktiken, die sie gemeinsam umfassen – von der Schnittstelle von Theorie und Philosophie bis zur Schnittstelle von Bauprozess und Industrie – dafür gewonnen, einzelne Essays zum Thema beizutragen. Zusammen präsentieren sie eine überzeugende und provokative Kritik der vergangenen und gegenwärtigen Architekturkultur. Alle zeigen die Bereitschaft, die verschiedenen Medien und Territorien der Planung zu überschreiten, bestimmte Diskussionen, die in dem von ihnen geerbten Architekturdiskurs verloren gegangen sind, wiederherzustellen und wieder zu eröffnen. Mit jener außergewöhnlichen Sammlung an Schlüsseltexten zum Thema gelingt es Hughes Schriftsteller*innen und Planer*innen sich gegen die kreative Strenge ihres jeweiligen Diskurses zu stellen und deren breites Spektrum an Visionen für eine zukünftige Neuordnung und Architekturkultur zu bündeln und sowohl der akademischen Gemeinde wie auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Feministische und gendersensible Ansätze zur Stadtgestaltung

Zentral ist die Frage inwiefern Stadt in Bezug auf das Geschlecht konzipiert wurde und wird und in welchen Erscheinungsformen dieser Einfluss zutage tritt. Aufgezeigt wird, inwiefern die gebaute Umwelt zu geschlechtsspezifischer Diskriminierung führt und wie Architektur und Stadtpolitik darauf reagieren kann. Architektur bietet die Möglichkeit sozialen Wandel voranzutreiben und so bestehende Missstände und Hierarchien aufzubrechen.

Emanzipative und feministische Kritik am Planungsdiskurs der Moderne führte zu Forderungen nach geschlechtersensibler Planung sowie zur Entwicklung neuer Planungstheorien. Stadtsoziologinnen und Planerinnen plädieren für eine Konzeption und Planung der gebauten Umwelt, die zunächst die individuellen Bedürfnisse von Frauen und infolge von vielfältigen Nutzer*innengruppen stets einbeziehen.

“Ausgangspunkt der feministischen Kritik an Stadt und Raum ist die These, dass Räume in unserer Gesellschaft „vergeschlechtlicht“ sind, d.h., dass in ihnen das gesellschaftliche Geschlechterverhältnis eingeschrieben ist. “ (Ruth Becker – Feministische Kritik an Stadt und Raum, 2004)

“Planung im Interesse von Frauen erfordert zunächst eine Veränderung in der Planungsmethodik im Sinne der Aufhebung des Unterschiedes zwischen Planungssubjekten und Planungsobjekten, also zwischen Planerinnen und Benutzerinnen “ (Beiträge zur Feministischen Theorie und Praxis. Frauen Räume Architektur Umwelt; Frauen, Steine, Erde; 1980)

Beiträge

Gender City

Die publizierende Professorin für Architekturtheorie widmet sich nach ihrem Forschungsschwerpunkt der Moderne und Architektur unter Gesichtspunkt der „critical theory“ nun intensiv demselben Diskurs in Hinblick auf feministische Theorien und „Gender Studies“. In ihrer, an der AA in London gehaltenen Vortragsreihe „City, Architecture and Gender“ diskutiert sie, inwiefern Stadt in Bezug auf das Geschlecht konzipiert wird und spricht fünf Erscheinungsformen sogenannter „gendered images“ an.

Gender Images

Das erste Bild „Stadt versus Natur“ geht davon aus, dass es der Frau in der Vergangenheit kaum möglich war eine sichtbare Rolle in der Öffentlichkeit anzunehmen, die Kultur sei dabei Inbegriff einer vom Menschen, bzw. vom Mann, ausgehenden Dominanz. Die These „Public versus Private“ bzw. „Suburb versus City“ würde vor allem durch den amerikanischen Traum deutlich, welcher sich die Hausfrau zur Zielgruppe macht, um einen romantisch erzählten und technokratisch gelebten Lifestyle zu verkaufen. Im vierten Erscheinungsbild der „Stadt als weiblicher Körper“ bezieht sie sich auf Elizabeth Wilsons „The sphinx in the city“, welche die Stadt als Ort, geprägt von Intensität, Wildheit und Ambivalenz wahrnimmt und diese als Quelle von Gefahr und Vergnügen für den Mann beschreibt. Die Stadt entspreche dabei weiblich konnotierten Eigenschaften einer „femme fatale“, welche eine männliche Faszination für beide auslöse, sie zu verehren wie auch dominieren zu wollen. Unabhängig davon ist Wilson dennoch überzeugt, dass eine Frau nirgendwo, als in der Stadt selbstbestimmter und freier leben kann. Die Theoretikerin des fünften und letzten im Vortrag besprochenen Erscheinungsbildes, „Planung als disziplinierendes Element“, ist Barbara Hooper, welche die städtebauliche Planung Hausmanns und Le Corbusier in Hinblick auf deren Affinität für strenge linienhafte Geometrie untersucht und saubere Boulevards und deren Ablehnung gegen den alten Körper und seine organisch gewachsenen Gassen darlegt.

unbezahlte Care Arbeit

Das Leitmotiv der amerikanischen Architektur und Stadtplanung des letzten Jahrhunderts war “a woman‘s place is in the home”, welches die männliche Dominanz in diesen Bereichen aufweist.

Stadt und Vorstadt weisen falsche Bezeichnungen auf. Die Vorstadt weist ein klar erkennbares Ungleichgewicht der Geschlechter auf. Die Siedlungen bestehen hauptsächlich aus Einfamilienhäusern sogenannten Zoning-Wohngebieten. In diesen Gebieten sind städtische und soziale Struktur nicht von finanziellen Mitteln abhängig, sondern vom Geschlecht.

Arbeit im Zusammenhang mit Betreuung, wie beispielsweise Tätigkeiten im Haushalt oder im Bereich der Kinderbetreuung werden meist von Frauen verrichtet. Zusätzlich wird unbezahlte Arbeit hauptsächlich von Frauen verrichtet. Diese Zeit wird unsichtbar sowohl im privaten wie im öffentlichen Raum verbracht. Man spricht von nicht anerkannter Care Arbeit.

Beispiel einer sozialen Infrastruktur

Laut dem Text wird die Care-Arbeit durch Unterstützung der Nachbarschaft und der Berücksichtigung neuer Einwohner*innen wie beispielsweise Alleinstehende, Paare ohne Kinder oder alleinerziehende Eltern erleichtert. Vorgeschlagen wird die Gründung kleiner partizipativer Organisationen, den sogenannten HOMES (Homemakers Organization for a More Egalitarian Society), die sich an der Entwicklung der Care-Arbeit in einem feministischen Sinn orientieren. Diese Zusammenschlüsse bestehen aus Personen, die die Gleichstellung von Männern und Frauen in Arbeiten des Care Bereiches erlangen, die Segregation von Klassen, Rassen sowie Alter beseitigen, die Hausarbeit durch Kooperation begrenzen und die sozialen Bindungen maximieren wollen. Es sollen verschiedene gemeinschaftliche Räume in Privathäusern organisiert werden. Es entstehen gemeinschaftliche Räume für Aktivitäten, Waschräume, eine Küche/ Restaurant und Grünbereiche, welche von Freiwilligen organisiert und verwaltet werden sollen. 

Die gegenwärtige Stadt ist demnach für unsere Gesellschaften nicht mehr geeignet. Anstatt neue Zusammenschlüsse wie HOMES zu gründen, könnten die vorhandenen Strukturen auch umgestaltet werden. Dies geschieht durch Kooperation der Bewohner oder beispielsweise durch Umwandlungen von Einfamilienhäusern zu Strukturen, welche mehrere Parteien zulassen.

Geschlechterungleichheiten in Vorstädten

 

Susana Torre bearbeitet in ihrem Beitrag „Revisioning Spaces Places and Everyday Things” den Aufbau und der Miteinbeziehung der Geschlechter in den amerikanischen Vorstädten.

 

In den 1970 änderten sich durch vermehrten Zugang zur Bildung und erhöhter Arbeitstätigkeit der Frauen die Geschlechterrollen. Durch diese Änderung wurde die Teilung der konventionellen privaten und öffentlichen Räume infrage gestellt. Als Beispiel werden Vorstädte herangezogen, die durch ihre Einteilung Frauen benachteiligen. Das Problem der suburbs und deren geringer Dichte ist, die daraus resultierende schlechte öffentliche Anbindung, geringer Zugang zu verschiedenen Annehmlichkeiten und Dienstleistungen.

 

Um diese Probleme zu adressieren, wurden verschiedene urbane Modelle entwickelt. Ein wichtiger Unterschied dieser sind die dahinterstehenden Initiator*innen. Hierbei wird zwischen Projekten unterschieden, deren Gründer*innen Bauträger sind, und denen die durch Zusammenschlüsse von Bewohner*innen initiiert wurden. Beide Pläne seien von der akademischen Seite entwickelt worden und stellen Bezugsmodelle dar, die eher ideale Vorstellungen reflektieren als auf die Bedürfnisse der endgültigen Benutzer eingehen. Das angesprochene Modell Celebration Village, dessen Initiatoren Bauträger sind, sei in der Realität eine private, gewinn generierende Einfamilienhaussiedlung und fordert mehr als das mittlere Einkommen eines Bürgers. Im Kontrast dazu basiert das weiters beschriebene HOMES Modell auf einer kooperativen Verwaltung von Dienstleistungen zugänglich für Haushalte von geringen finanziellen Mitteln.

 

Das bestehende Dilemma, dass Frauen immer noch die Hauptverantwortung für unbezahlte Arbeit zu Hause haben, wird verdeutlicht. Zukünftige Stadtmodelle müssen aus einer Zusammenarbeit von Bürger*innen Gemeinschaften, nonprofit Organisationen und Vertretungen der Politik ausgehen, um neuen integrierten Urbanismus zu schaffen.

Im Vortrag stellt die praktizierende und lehrende Architektin Susana Torre sechs Themenfelder vor, die den Einfluss feministischer Ideen auf Architektur und Raumplanung verdeutlichen sollen.

 

Sechs feministische Themenfelder

 

Die „Gestaltung des Wohnraums“, als erster Punkt, sei so Torre, bereits um 1880 in Dolores Haydens Buch „The grand domestic Revolution“ positiv von feministischen Ideen beeinflusst worden, indem diese für die Wohnküche und Co-Housing Modellen, als Sinnbild eines gemeinschaftlichen, familiären Zusammenlebens plädierte. Im Gegenzug kritisiert sie die „Frankfurter Küche“ der Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky als für ihre Zeit rückschrittlich, nachdem sie die Frau von Familie und Wohnzimmer isoliere.

 

Als zweite These nennt Torre die durch feministische Einflüsse „veränderte Struktur der Vorstadt“ sowie im dritten Schritt „die Entwicklung neuer Gebäudetypen, die Neudefinition alter Gebäudetypen sowie den Entwurf neuer Normen und Details“. So hätte beispielsweise die Initiative einiger Hebammen, welche wohnzimmerliche Geburtshäuser führten, die veränderte innenräumliche Ausgestaltung zeitgenössischer Geburtsstationen in Krankenhäusern in den 70er Jahren herbeigeführt.

 

Die vierte These Torres geht davon aus, dass der Architektinnen auch das „öffentliche Gedächtnis“ amerikanischer Städte wesentlich beeinflusse, indem von Frauen entworfene Kriegsdenkmäler, seltener eine Heroisierung gefallener Soldaten anstreben würden.

 

Als fünftes Merkmal verweist die Rednerin darauf, dass feministische Strömungen die „Bewahrung statt der Eroberung der Natur“ anstreben würden sowie eine „Entstehung von nachhaltigem Design als ökologische Praxis“ im Vordergrund stünde.

 

Mit der „Frauenkultur und -identität als legitimes Gestaltungsparadigma“ als sechste These rundet Torre ihren Vortrag mit folgender Forderung ab. s Frauen, die als „Token“, also Angehörige einer Minderheit, eine Privilegierung erfahren, müssen stärker Partei für Mitstreiterinnen ergreifen. Sie sollen, ihre Rolle als Auserwählte dafür zu nutzen, sich für die Leidtragenden der Gruppe stark zu machen. Der „Feind“ seien, so Torre, oft auch Frauen untereinander.

Im Mittelpunkt dieses Artikels steht die Frage, wie sich die Dimensionen des Geschlechterverhältnisses in räumlichen Strukturen äußern. Zentrale Betrachtungen dabei waren geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die Trennung und geschlechterdifferente Konnotation von Öffentlichkeit und Privatheit, die Geschlechterunterschiede in der Verfügung über gesellschaftliche Ressourcen sowie Sexismus und sexualisierte Gewalt als Ausdruck der gesellschaftlichen Subordination von Frauen.

Vergeschlechtlichung von Räumen und Gender Mainstreaming in der räumlichen Planung 

Die räumliche Trennung von Produktion und Reproduktion, von Erwerbsarbeitsplätzen und Wohngebieten- prägte die Stadtentwicklung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts besonders.

Auch zu Beginn des 21. Jh. ist die geschlechterspezifische Arbeitsteilung noch wirksam. Laut Statistik übernehmen rund zweimal so viele Frauen wie Männer den Großteil der Versorgungs-, Betreuungs- und Hausarbeit (Reproduktionsarbeit), ungeachtet dessen ob sie selbst erwerbstätig sind oder nicht, was zu einer Doppelbelastung führt. Aufgrund der Ressourcen- und Vermögensverteilung sind Frauen mehr auf öffentliche Infrastrukturen angewiesen. Sie wählen ihren Arbeitsplatz im Gegensatz zu Männern daher häufig nach Erreichbarkeit, nicht nach Qualität aus. Die klassische Funktionstrennung in den Städten – Suburbanes Wohnen und Arbeiten in der Stadt – verstärkt die Doppelbelastung der Frau.

Die herrschende Verkehrsplanung, die den (noch) mehr von Männern genutzten motorisierten Individualverkehr privilegiert, wirkt dieser Problematik nicht gerade entgegen. Vielmehr benachteiligt diese alle anderen Mobilitätsformen und schließt immer weitere Bevölkerungsgruppen von eigenständiger Bewegung im Raum aus.

Gender Mainstreaming bedeutet, dass geschlechtshierarchische Strukturen als gesellschaftlich unerwünscht erklärt und alle in den jeweiligen Handlungsfeldern entscheidenden Kräfte verpflichtet werden, mit all ihren Handlungen zum Abbau solcher Strukturen beizutragen.“

Gender Mainstreaming unterstützt die naturalistische These Geschlechter spezifischer räumlicher Bedürfnisse, die auf dem Unterschied der Geschlechter Identität basiert, nicht. Vielmehr geht es darum, mit gesellschaftlichen Ursachen für geschlechtsspezifische Raumbedürfnissen umzugehen mit „praktischen und strategischen Anforderungen an räumliche Planung“.

Unter praktischen sind solche zu verstehen, die Frauen helfen, die ihnen zugeschriebenen Aufgaben zu erfüllen („frauenfreundlich“, „frauengerecht“) während strategische auf die Überwindung dieser Zuschreibungen abzielen.

Manifestierung von Machtverhältnissen

Shreena Thakore spricht in ihrem Vortrag „Why is she here?“ über die geschlechtsspezifische Aufteilung des architektonischen Raums in Indien als Ausdruck unausgewogener Machtverhältnisse. Dabei analysiert sie die Manifestation geschlechtsspezifischer Diskriminierung in häuslichen und städtischen Strukturen und berichtet davon, wie starr die männliche und weibliche Rollenverteilung nach wie vor in alltägliche Lebensräume eingewoben, gelebt und vermittelt wird. Eine Frau verbringt ihren Lebensmittelpunkt demnach hauptsächlich im Haushalt, während der Mann sich vorwiegend außerhalb der Wohnungen und Häuser aufzuhalten hat. Der Außenraum wird folglich ausschließlich auf männliche Bedürfnisse und Vorstellungen hin geplant und verwirklicht, was die Frau auch künftig von einer gleichberechtigten, vorurteilsfreien Mitnutzung des städtischen Raumes ausschließt.

Öffentliche Räume müssen auch für Frauen selbstverständlich zugänglich sein, das Recht auf Freizeit und soziale Existenz muss gefordert werden.

Shreena will vermitteln, dass auch Frauen das Recht auf soziale Existenz, das Recht auf Freiheit und das Recht auf Freizeit haben. Sie betont, wie wichtig es ist, öffentliche Räume für beide Geschlechter zugänglich zu machen, als Maßnahme im Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter. In Indien hat man als Frau keine Rechte, systematische Diskriminierung, die Macht der Männer ist im Gebauten manifestiert, der öffentliche Raum in Indien ist ausschließlich für Männer geschaffen.  Sie plädiert für eine Umformulierung der oft gestellten Frage „Warum kann sie nicht hier sein?“, zu „Warum ist sie hier?“ 

Dieser Beitrag zielt darauf ab, das Unsichtbare und Unterschätzte der Architekturtheorie aufzuzeigen. Die Zahlen der Publikationen im Bereich des Feminismus in der Architektur sind stark gestiegen parallel dazu blieben die Veränderungen in der Branche jedoch aus.  

Kann Architekturtheorie kategorisiert werden? 

Durch die wachsende Anzahl an Arbeiten werden viele Lehrende und die Tätigkeiten sichtbarer, jedoch die Menge an Meinungen macht eine Zusammenarbeit und eine Kategorisierung einen vergeblichen Aufwand. Außerdem wird klar, dass es an einer Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den vielen Projekten fehlt. Pat Morton erkennt hierbei zwei Strömungen in der Architekturtheorie: die soziale Strömung, welche sich mit der Wahrnehmung der gebauten Umwelt von Frauen beschäftigt und die konkreten, neue Planungstheorien im feministischen Sinne.

Interdisziplinarität in der Architektur  

Es werden vermehrt Disziplinen vor allem Psychoanalyse, sowie Kunst- und Filmkritik wenig jedoch anderen wissenschaftlichen Bereichen wie Geographie, Anthropologie oder Soziologie in Überlegungen miteinbezogen. In diesen untypischen Fachgebieten wurde im Zusammenhang mit Gender und der gebauten Umwelt ebenfalls sehr viel publiziert und Forschung betrieben. Durch das alleinige Miteinbeziehen bestimmter Disziplinen und das Ausschließen anderer bleiben viele Fragen ungestellt und viele Einflüsse ignoriert. Wie würde Architekturtheorie aus nicht konventionellen Blickwinkeln aussehen? 

Weiblicher Einfluss auf die Architekturgeschichte 

Frauen werden in der Architekturgeschichte im akademischen Kontext genannt und beforscht, wenn sie entweder eine der wenigen bekannten Architektinnen oder eine der wohlhabenden Kundinnen waren. Um diese Problematik des Fehlens der Frauen in der Architekturgeschichte zu bearbeiten, gibt es verschiedene Ansätze. Beispielsweise die Bearbeitung der Frauenrolle in der Architekturgeschichte unabhängig von der entwerfenden Person. Geschichtlich einflussreich waren jedoch die für weibliche Familienoberhäupter entworfene Neudefinition von Häuslichkeit. Durch die Änderung der sozialen Prinzipien wurden die architektonischen ebenfalls angepasst. Die Veränderung des Unsichtbaren (des Programmatischen) modifiziert dadurch die gebaute Umwelt.

Architektur als identitätsstiftendes Element

Konzeption, Entwurf und Planung von Architektur und Raum sind maßgeblich an der Konstruktion unserer Identität, unserer Kultur und Umwelt beteiligt. Vieles, was wir über staatliche wie auch häusliche Institutionen, Machtverteilung, soziale Beziehungen und kulturelle Werte erfahren und lernen, wird durch die gebaute Umwelt vermittelt. Historisch gesehen leistet die Architektur seit jeher den wesentlichsten Beitrag dazu, welche Form die jeweils vorherrschende Kultur annimmt und wie städtische als auch ländliche Lebensräume konstruiert werden.

Das Verweben unterschiedlicher Diskurse

Die Aufsätze „Reconstructing Archtitecture: Critical Discourses and Social Practices” setzen sich zum Ziel, ererbte Traditionen und kritische Praktiken zu hinterfragen, wie auch neue Thesen aufzuzeigen. Dies verfolgen den Anspruch, bestehende soziale Missstände und Machtverhältnisse aufzubrechen und nachhaltig zu verändern. Die einzelnen Buchabschnitte und Kapitel untersuchen die Kluft zwischen Modernismus und Postmodernismus und befassen sich mit einem oppositionellen Diskurs, der sich innerhalb des Feldes entwickelt hat. Der Diskurs wird in weiterer Folge anhand eines neuen sozialen Projekts rekonstruiert. Zu den Themenfeldern zählen dabei Feminismus, Sozialtheorie, Umweltschutz, Kulturwissenschaften, race studies und Ethnostudien sowie kritische Theorie. Die Rekonstruktion der Architektur formuliert die Rolle der Architektur in der Gesellschaft sowie ihre Fähigkeit neu, einen fortschreitenden sozialen Wandel voranzutreiben.

Das Leben in der feministischen Stadt

Es sollte so viele Planerinnen geben, wie es Nutzerinnen gibt.“

Das Magazin „Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis“ war unter den wesentlichsten Publikationsorganen der westdeutschen autonomen Frauenbewegung und prägte deren Debatten im Zeitraum der Jahre 1978 bis 2008. Die Ausgabe, auf die hier verwiesen wird, wurde von der Gruppe „Frauen, Steine, Erde“ bearbeitet und herausgegeben. Sie hatte zum Ziel Architektinnen, Stadtplanerinnen und Stadtsoziologinnen zu einer gemeinsamen Aktion und Reaktion auf die männliche Dominanz in ihren Berufsfeldern zu organisieren.

Reproduziert die gebaute Umwelt Geschlechterverhältnisse?

Ausgangspunkt war die in den 1970er Jahren initiierte Auseinandersetzung der Zweiten Frauenbewegung mit der gebauten Umwelt sowie deren Kritik an den konkreten Wohnverhältnissen der Nachkriegsjahrzehnte, der kleinbürgerlichen Suburbanisierung, der Isolation in anonymen Hochhaussiedlungen sowie der Gewalt im öffentlichen Raum. Ihr Erkenntnisinteresse galt vor allem der Frage, inwiefern patriarchale Strukturen in die gebaute Umwelt verwoben sind und welche Gesellschaft und künftigen Generationen diese wiederum hervorbringen würde.

Dabei schufen sie autonome Frauenräume und formulierten Theorien sowie utopische Gegenentwürfe zur bestehenden und künftigen Architektur und Stadtpolitik. Sie stellen sich gegen die Annahme, dass eine emanzipatorische Stadtplanung lediglich von Expert*innen und Angehörigen der Profession erreicht werden können. Sie stellten sich auch gegen die Vorstellung, dass diese Veränderungen innerhalb der bestehenden patriarchalen und kapitalistischen Herrschaft auf Anklang stoßen würden. Sie thematisieren stadtpolitische Probleme wie die Gentrifizierung und Verdrängen, klagen das Profitinteresse der Immobilienwirtschaft an und regen dazu an, sich einen utopischen Horizont aufzuspannen und über neue Wohnformen nachzudenken.

Aktivismus im öffentlichen Raum

 

Der Artikel handelt von der Veränderung gesellschaftlicher Wahrnehmung des öffentlichen Raums und der Einschreibung der eigenen Geschichten in den urbanen Raum. Behandelt wird speziell die Problematik des Aufbruches aus der traditionell zugewiesenen Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter hin zu einem aktiven, transformativen Subjekt.

 

Als Beispiel hebt Susanna Torre die Mütter am Plaza de Mayo hervor. Der Grund für ihren Widerstand war das Verschwinden von Kindern und Nahestehenden während der Militärregierung in Argentinien. Die Frauen nutzten für die regelmäßig abgehaltenen stillen Proteste einen politisch und kulturell wichtigen öffentlichen Raum und verstärkten so die öffentliche Aufmerksamkeit. Dadurch konnte die Effektivität in diesem Ausmaß erreicht werden. In dem stark belebten Fußgängerbereich des Plaza de Mayo umkreisten die Frauen die Mary Pyramide, die als Zeichen der ausgeglichenen Stärken steht.

 

Der Ort diente auch als Treffpunkt und Möglichkeit für den Austausch zwischen den Müttern. Das Schweigen der Frauen stand dem Schweigen der Regierung gegenüber welches durch starke internationale Resonanz von Medien und Menschenrechtsorganisationen zum Fall des Militärs beitrug. Durch die Fähigkeit ihre Gegenwart zu etablieren schafften es die Mütter ihre Kontrolle dieses öffentlichen Raumes aufrecht zu erhalten und zudem diesen bestehenden Stadtraum für ihre Zwecke umzufunktionieren.

 

Im Zuge der Diskussion über die Reduzierung des öffentlichen Raumes unterstreicht dieser Artikel die Wichtigkeit dieses nicht nur als physischer Raum des öffentlichen Auftritts, sondern die Fähigkeit der Architektur, die Öffentlichkeit als eine lebendige, handelnde und selbstbestimmende Gemeinschaft zu repräsentieren.

Feministische Raumwahrnehmung und Planung nach künstlerischen und technologischen Praktiken und Methoden

Frauen werden einerseits durch die gebaute Umwelt beeinflusst, in der sie sich zurechtfinden müssen. Andererseits wird die Architektur durch feministische Entwicklungen und das Schaffen von Frauen geprägt. Dem Bestand sind weitläufig diskriminierende Eigenschaften eingeschriebenen. Folglich müssen sich Frauen in ihrer täglichen Umgebung in einem Bereich zurechtfinden, der das männliche Geschlecht klar bevorzugt. Mittels Kunstformen und technischen Entwicklungen wird diese Problematik thematisiert.

Durch die Sichtbarmachung der Raumwahrnehmung und Realität von Frauen werden Einflussfaktoren analysiert, die einerseits der Umwelt eingeschrieben sind und andererseits neue Entwicklungen und deren Potenziale aufweisen. Die Veränderung der Architektur und deren Verankerungen durch feministische Einflüsse benötigt das Verständnis für die geschlechterspezifische Diskriminierung der gebauten Umwelt. Essenziel ist die Entwicklung in eine geschlechtersensible Richtung.  

“Sie erklärt, dass Frauen als Kundinnen und Konsumentinnen von Architektur am besten in der Lage sind Veränderungen in räumlichen Konfigurationen zu bezwecken, indem sie neue Formen der Programmierung fordern.”

(Ruth Morrow &Patricia Belford, Fabrication and Ms Conduct: Scrutinising Practice Through Feminist Theory, 2012)

Es ist an der Zeit die Beziehungen zwischen Feminismus, Architektur und Technologie zu überdenken”

(Shelby Doyle, Lesli Forehand,Fabricating Architecture: Digital Craft as Feminist Practice, 2017)

Beiträge

Die Frauenrolle in technologischen Entwicklungen der Architektur

Dieser Beitrag schlägt eine neue Verbindung zwischen Architektur, Feminismus und Technologie vor. 

Die erste Idee beruht auf der Beziehung des architektonischen Fortschrittes mit der technologischen Entwicklung. Durch diese Innovationen folgt die Entwicklung hin zu feministischen Werten und Theorien. Begonnen hat das Interesse in dem Bereich bei in der Architektur tätigen Frauen. Die Überlegenheit des männlichen Geschlechts würde durch die digitale Produktion enden. Weiters wird die Figur des Cyborgs eingeführt. “Woman as technologist” könnte ihre Welt neu erschaffen, ihre Geschichten, die lange im Dunkeln waren schreiben und alles neu bauen.   

Das Jahr 1992 ist ein technologischer Wendepunkt, da die Technologie in den architektonischen Entwurf integriert wird. Dieser bietet viele neue Werkzeuge, worin aufstrebende feministische Theorien eingebettet werden können. Als Designerinnen und Forscherinnen von Urbanität arbeiten Frauen sehr schnell in enger Zusammenarbeit mit diesen Innovationen. Die industrielle Revolution legte bereits auf die Funktionalität des Wohnens wert. Die Tätigkeiten von Feministinnen in dieser Zeit betreffen alternative Modelle des Wohnens, theoretischen Ansätzen und Bildung. 

Die letzte Frage, die sich stellt, ist, ob die Technologie ein Geschlecht hat. Als Antworten kann die seit der Entwicklung der Technologie steigende Anzahl von Frauen im architektonischen Bereich herangezogen werden.

Wie die gebaute Umwelt auf männlichen Proportionen basierend entworfen wurde:

Der Text kritisiert sexistische Systeme der idealen Proportionen des Menschen, die Einfluss auf die Architektur und deren Lehre haben. Die Konzeption des Ideals des menschlichen Körpers als Einheit für verschiedene Bezugssystemen zu verwenden, hat direkte Auswirkung auf die gebaute Umwelt. Somit sind die Attribute des Ideals von integraler Bedeutung und zeichnen in der Geschichte die Unterdrückung des weiblichen Geschlechts. 

In seinem Text bearbeitet Lance Hosey die anthropometrischen Darstellungen von Graphic Standards und deren Entwicklung im Verlauf der Geschichte in Bezug auf Integrierung von Frauen in den Grafiken. Großteils folgten die anthropometrischen Diagramme von Graphic Standards, einem wichtigen Basis Werk für die Architektur der USA, einem geschlechts- und rassenspezifischen Bild des menschlichen Körpers.

Repräsentativ für die Bevölkerung wurden Eigenschaften und Proportionen eines männlichen, weißen Körpers herangezogen. Einerseits wurden durch diese restriktive Verallgemeinerung der Bevölkerung, spezifisch Menschen, durch ihr Geschlecht und ihre Rasse als ideale Nutzer bevorzugt.  Andererseits wurden durch das Bild des männlichen Körpers als vollkommen, der weibliche Körper indirekt als unvollkommen, angedeutet. Diese idealen Proportionen werden ebenso von den vermittelten sowie ausgeschlossenen Inhalten definiert.

Diese Grafiken stellen somit ein Sinnbild für die sexistische Zusammensetzung der Vorstellung von idealen Proportionen und Verhältnissen dar.  Zusätzlich zeigt der Autor, Lance Hosey, in The Modulor von LeCorbusier sowie den Basiswerke von Vitruv, die Unterdrückung des weiblichen Geschlechtes. 

Feminismus in architektonischen Anthologien

Der Artikel beschäftigt sich mit den Fragen ob Anthologien den Feminismus unbewusst dazu auffordern, eine gewohnte Rolle zu spielen. Weiters wird hinterfragt, ob Gender-Autorinnen den Körper als ihr primäres Thema zuweisen, da dieser der sichtbarste Unterschied zwischen Männern und Frauen ist. 

Wenn feministische Tätigkeit als eine Untersuchung der Körperlichkeit gesehen wird, lässt sich Feminismus leicht in die Bezugspunkte Körper, Biologie und Biographie einordnen. Obwohl dies zweifellos wichtige Bereiche für feministische Forschung sind, können sie identisch mit einer früheren Form feministischer Praxis erscheinen. Diese steht mit Künstlerinnen der 1970er Jahre in Verbindung. Die Autorin hinterfragt, ob dem Stereotypen des Feminismus als Kunstpraxis der 1970er Jahre heutzutage als Vorstellung nachgegriffen wird. Obwohl Anthologien Primärmaterial komprimieren, sollten Vielfalt und redaktionelle Stimmen nicht ausgelassen werden. Unterschiedliche Meinungen lösen die Einseitigkeit eines alleinigen Herausgebers auf.

Bedeutung der Auswahl bestimmter Texte

Dieser Artikel hat signifikante Auslassungen der Geschlechterdebatte und der Generationendifferenz aufgezeigt. Die Auswahl an Anthologien zeigt signifikante Lücken und Abwesenheiten. Wenn diese Auslassungen mit der redaktionellen Einteilung verbunden sind, laufen die Sammlungen Gefahr, feministische Theorie als feste und unveränderliche Konstellation von Körper, Biographie und Biologie darzustellen.

Die Auswahl der Texte eines Sammelbandes erzeugt ebenfalls einen starken Effekt: die Konstruktion des Frauenbildes als Zeichen von Geschlecht und Sexualität. Zusätzlich ermöglichen die Sammelbände der Disziplin eine unsichtbare Reproduktion von Geschlechterbinaren. Bewusst oder unbewusst setzen die Sammlungen Geschlecht und Sexualität wieder als weitgehend weibliche Domäne ein: girl talk.

Die Theorie Übersicht stützt sich auf einer altmodischen Klassifizierung. Der Inhalt dieses Essays widersetzt sich dieser Art von Systematisierung. Die transformativen Methodologien innerhalb der einzelnen Essays der Anthologien können jedoch deren Einordnung überschreiten und Fragen darüber aufwerfen, wie die Sammlungen aktiv neue Bereiche des Innen und Außen der Architektur konstruieren.

Soziale Normen in Frage stellen

„Behind Straight Curtains“ präsentiert eine Reihe kritischer Szenen, die die Eigenart und Theatralik des Gebäudes E.1027 der Architektin Eileen Gray, des literarischen Salons der Autorin und Muse Natalie Barney in der Rue Jacob 20, und des Hauses Mårbacka der Autorin Selma Lagerlöf hochschätzen. Das Buch hebt die Vorhänge heteronormativer und sexistischer Annahmen auf und untersucht Beispiele für Architektur, die soziale Normen in Frage stellen.

Verschiebung sowohl in der Analyse wie auch der Planung

Mit Blick auf die Themenfelder Queerness und Theatralik in der Architektur übt die Autorin Kritik an veralteten, diskriminierenden Strukturen, die sich insbesondere in der gebauten Umwelt manifestieren. In ihrer Dissertation untersucht sie die performative Kraft der Architektur und will den Blick auf eine theatralische, queer-feministische Interpretation von Architektur schärfen. Sie behandelt dabei sowohl Theorien der Performance, Performativität wie auch Heteronormativität und legt dar, inwiefern sich gesellschaftliche Strukturen und Subjektpositionen durch das Gebaute konstruieren lassen.

Die Neubewertung des Weiblichen

Der Sammelband untersucht geschlechtsbezogene Annahmen sowie „ererbte Ideologien“, die die Architektur prägen und fordert sowohl ein selbstverständlicheres Auftreten weiblich konnotierter Aspekte in der Planung. Sie plädiert für die Untrennbarkeit von Struktur und Ornament und diskutiert die Dichotomie männlicher und weiblicher Entwurfsprinzipien. ‘Following queer theory, I use the terms masculine and feminine without essentialist ties to anatomy; at the same time, I wish to bend these two categories, both to study the undervalued feminine and to untie the masculine from narrow definitions of a “rational,” heterosexual, stern manliness.’

Theatralik in Text und Praxis

Innerhalb der Arbeit ist nicht nur wesentlich worüber, sondern auch „wie“ über queeren Feminismus und Theatralik geschrieben wird. So lehnen sich die Texte an die Struktur eines dramatischen Drehbuchs an, spielt und interagiert mit visuellen Materialien, Vorträgen und Darstellungen. 

Der Film als Mittel gesellschaftliche Missverhältnisse

Die Filmemacherin Van Subramanian spricht im Interview darüber, die Themen „Gender“ und „Stadt“ bewusst nicht getrennt, sondern in Bezug zueinander dem Publikum nahezubringen. Die Genderdebatte sei nicht getrennt von ihrem Kontext und ihrer Umgebung zu behandeln.

 

Zuseher als Akteure

 

Ebenso spricht sich die Dokumentarfilmerin dafür aus, die Zuseher*innen, in physische und psychische Interaktion mit dem Gesehenen setzten zu wollen. Dabei dienen ihr nicht nur der Film, sondern auch Objekt und Text, die das klassische Genre aus dem sie stammt, erweitern und bereichern sollen. Der Zuseher wird zum Akteur und kann sich durch diese Methode auch in Szenen versetzen lassen, die ihn in seiner gelebten Realität womöglich gar nicht betreffen. So soll auch das Thema Gender ein breiteres Publikum finden und auf größere Resonanz stoßen.

Gender-Probleme sind länderunabhängig

Auffällig erscheint ihr ebenso, dass sich die genderrelevanten Probleme Indiens nicht grundlegend von jenen der USA unterscheiden. Das Thema „Gender“ ließe sich länderunabhängig sehr gut auf jeden Kontext hin untersuchen, ebenso könne der Film von mehr als einer Darstellungsform und linearem Narrativ profitieren und so die Betrachter unmittelbar zu Darstellern werden lassen, welche es zu fordern und einzubeziehen gilt.

Provokation durch Kunst

Die Aussage, dass man kein Wissen im Bereich der „Genderdebatte“ habe, lasse sie nicht gelten. Jedes Individuum, unabhängig seines Geschlechts habe die Fähigkeit sich dazu zu äußern. Der Film als Kunstform, in welchem gesellschaftliche Missverhältnisse aufgezeigt werden, sollte über sich hinauswachsen dürfen und in Form neuer interaktiver Kunstformate provozieren und das Subjekt in einen Kontext zur Thematik stellen dürfen.

Männliche und weibliche Entwurfsprinzipien müssen harmonisch kombiniert werden.

Die Architektin Jo Gilles stellt nach ihrer Reflexion, der sie umgebenden gebauten Umwelt fest, dass Architektur ihr Ideal in der Balance von femininen und maskulinen Prinzipien erfahren würde. Dazu verweist sie auf die jahrtausendealte Vereinigung dieser Prinzipien in den verschiedensten Hochkulturen und Symbolen.

Gleichgewicht statt bewusster Machtverhältnisse

Auch Proportionssysteme wie der „Goldene Schnitt“, stellen dabei, als bildhaftes Beispiel der Vereinigung vom „femininen“ Kreis und „maskulinen“ rechten Winkeln und Quadraten, wichtige Herleitungsschemata eines gelungenen Entwurfs dar.

Die Architektin vergleicht daraufhin harmonische und dissonante Architektur und verweist auf Beispiele wie den Reichspalast von Adolf Speer, dessen Ausdruck lediglich die maskulinen Prinzipien bedienen und damit bewusste Machtverhältnisse suggerieren würden. Im Gegensatz dazu lobt sie Gebäude, welche gebaute Harmonie herstellen und somit auch das subjektive Empfinden dieser Gebäude positiv beeinflussen würden. Die Haptik, Materialität und femininen Aspekte der Form erzeugen laut Gilles beim Betrachter Wohlgefühl, Ruhe und innere Ausgeglichenheit. Als positive Beispiele nennt sie dabei das Sydney Opera House, die Architektur des Brasilianers Oscar Niemeyer, die Hütten Renzo Pianos, wie auch die öffentlich begehbare Holzkonstruktion „Metropole Parasol“ des deutschen Architekten Jürgen Hermann Mayer in Sevilla. Architektur, welche rein maskuline Eigenschaften aufweist, kann laut Gilles nicht den ästhetischen Wert und Wohlfühlfaktor einer ausgewogenen Architektur erreichen.